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Ein Manifest

08. Juli 2020
Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Die KAB am Untermain entwickelte beim Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern Ideen für den Weg aus der Corona-Krise.

Es war ein spontaner Gedanke: Gerade in einer so besonderen Situation wie dem Lockdown brauchen die Menschen einen Ort für Austausch und für Perspektive. Weil aber sonst alles abgesagt werden musste, verlegte die KAB am Untermain diesen Ort für die vergangenen Monate in das Internet und organisierte als offene Videokonferenz ein wöchentliches Bürgergespräch zu „Corona & Politik“. Für Elisabeth Seuffert (Kleinwallstadt) waren es „Wochen voller Spannung und Unsicherheit.“ Entsprechend kamen vor allem die Bürger zu Wort, aber auch Expertinnen zur wirtschaftlichen Entwicklung oder zur Situation in der Pflege wurden gehört. Wichtig war, dass Alexander Hofmann und Bernd Rützel, die beiden Abgeordneten des Deutschen Bundestages aus dem Wahlkreis Miltenberg – Main-Spessart, Rede und Antwort zur Corona-Politik stehen mussten. Am Ende war es Rudi Großmann (Erlenbach) der einforderte, „dass wir auch die guten Erlebnisse aus der Corona-Krise für die Zeit danach festhalten müssen.“ So entschieden sich die Teilnehmer des Webtalks den vielfach schlechten Aussichten (Worst-Case-Szenario genannt) die Vision einer besseren Welt nach Corona entgegen zu stellen. In mehrere Runden entwickelten sie ein „Best-Case-Szenario“, also Ideen, wie die guten Erfahrungen in der Krise genutzt und sogar die Probleme aus der Vor-Krisen-Zeit überwunden werden können. Oder wie es im Untertitel des Dokumentes heißt: „Die beste aller möglichen Welten – nach Corona.“

Diese Ideenskizze füllt mehrere Seiten und trägt vieles zusammen was die Menschen gerade bewegt. Natürlich wird die Situation in Wirtschaft und Arbeitsmarkt sowie die besondere Lage in Gesundheit und Pflege aufgegriffen. Neben Wertschätzung und Anerkennung wird hier vor allem gefordert, dass die Löhne für die Berufe in der Grundversorgung erkennbar angehoben werden. „Die absolute Mehrheit ist sich einig, dass die Systemrelevanz neu bewertet werden muss und das heißt auch, den Mindestlohn deutlich zu erhöhen“, so Robert Reisert (Hörstein).

Eine grundlegende Erfahrung der Corona-Zeit war, dass ein Leben mit weniger Konsum, weniger Reisen und weniger Hektik möglich ist. Stattdessen wurden Momente der Stille, der Naturerfahrung und der wirklich freien Zeit genossen. Zugleich hatte dies positive Effekte auf Mensch und Natur. Marcus Schuck (Weilbach) resümiert: „Politische Gestaltung war auf einmal wieder möglich, weshalb nun auch die Bewältigung der globalen Klimakrise neu angegangen werden kann.“ Im „Best-Case-Szenario“ wird entsprechend gefordert, dass der Wiederanschub der Wirtschaft ganz konsequent sozial und ökologisch ausgestaltet werden muss. Nach Ansicht der Teilnehmer bedeutet das mehr als die Förderung von E-Autos. Stattdessen steht geschrieben: „Die CO2-Steuer wird so erhöht, dass sie einen echten Effekt hat.“ Auch die Eine Welt ist im Blick, wenn gefordert wird: „Es dürfen nicht nur einzelne Länder als Gewinner aus der Krise hervorgehen, sondern allen muss geholfen werden!“

Christine Hartlaub (Niedernberg) arbeitet als Erzieherin und hat nicht nur die Sorgen der Familien erlebt, sondern auch die ganz andere Situation, wenn die Betreuung der Kinder in kleinen Gruppe stattfindet: „Das hat eine Ruhe in die Gruppe und Qualität in die Entwicklung der Kinder gebracht, die wir unbedingt auch in Zukunft gewährleisten müssen“. Natürlich fand auch diese Forderung Eingang in die Vision vom besseren Leben. Darüber hinaus wird auf die Vielzahl von Menschen verwiesen, die im nachbarschaftlichen Umgang aufmerksamer wurden oder sich sogar als Helfer für organisierte Nachbarschaftshilfen gemeldet haben. „Es ist die große Chance für unsere Kommunen, diese Hilfsbereitschaft über die Corona-Krise hinaus aufzugreifen und für lokal organisierten Hilfen zu gewinnen“, so Reinhard Lattin, der Geschäftsführer der KAB im Kreis Miltenberg.

Diese und weitere Aspekte sind in diesem „Manifest“ für eine bessere Welt notiert. Thomas Kneisel (Kleinostheim) meint insgesamt dazu: „Die so organisierte Beteiligung der Bürger war gerade auch in der Corona-Zeit wichtig, um den Kontakt zwischen Bürger und Politik in unserer Demokratie nicht abreißen zu lassen.“ Entsprechend soll das „Best-Case-Szenario“ als Ganzes, aber auch in seinen konkret formulierten Teilen nun weiter in die politische Willensbildung eingebracht werden. Als erstes wurde von der KAB eine Online-Petition an den Deutschen Bundestag gestartet, um den Mindestlohn für alle Berufe, von der Pflege über die Logistik bis zum Einzelhandel deutlich anzuheben. Auch ein weiteres Video-Gespräch mit Abgeordneten ist noch vor der Sommerpause geplant. Darüber hinaus wird es im Herbst sicher Veranstaltungen geben, um die einzelnen Lebensbereiche gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern der Region in konkrete Maßnahmen für die Region zu übersetzen.

Hintergrund: Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) ist ein christlicher Sozialverband mit ca. 1.000 Mitgliedern am bayerischen Untermain. Schwerpunkt sind die Vertretung im Arbeits- und Sozialrecht, Maßnahmen der politischen und religiösen Bildung, Gelegenheiten für Geselligkeit und ehrenamtliches Engagement.

Download Manifest für die beste aller möglichen Welten - nach Corona

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