Verfassungsgericht stoppt Volksbegehren gegen CETA
Protest geht weiter – “Wir haben weiterhin gute Chancen, CETA über die nationalen Parlamente zu stoppen. Die heutige Entscheidung ist ein Rückschlag, bedeutet aber keinesfalls das Aus für unseren Protest. Wir werden uns auch in Zukunft für faire Handelsabkommen stark machen” sagt Erna Groll, Landesvorsitzende der Katholischen Arbeitnehmerbewegung in Bayern.
Das Volksbegehren “Stop CETA!” wurde heute vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) für unzulässig erklärt. Damit dürfen die bayerischen Bürgerinnen und Bürger nicht über das Freihandelsabkommen zwischen Europa und Kanada abstimmen. Für die Initiatoren des Volksbegehrens (Bund Naturschutz, Campact, Katholische Arbeitnehmer Bewegung, Mehr Demokratie und Umweltinstitut München) ist diese Entscheidung nicht nachvollziehbar – berief sich das Volksbegehren doch auf einen Artikel in der Bayerischen Verfassung, der 2014 mit der Absicht entwickelt wurde, um die Souveränität des Freistaats in Europa zu stärken. “Die Ablehnung unseres Volksbegehrens durch Innenministerium und Verfassungsgerichtshof bremst die Anwendbarkeit des neuen Verfassungsartikels schon im ersten Versuch massiv aus und marginalisiert damit auch dessen Zweck: Mehr direkte Demokratie und eine stärkere demokratische Legitimation für europäische Entscheidungen.” sagt Susanne Socher von Mehr Demokratie.
Die Initiatoren gehen fest davon aus, dass das Volksbegehren im Falle einer Zulassung erfolgreich verlaufen wäre. "Wir hätten dieses Volksbegehren gewonnen" ist sich Karl Bär vom Umweltinstitut München sicher, "denn die Menschen in Bayern wissen, dass CETA ihnen mehr Schaden als Nutzen bringen wird." Schon im Vorfeld konnte ein flächendeckendes Netz an lokalen Bündnissen aufgebaut und zahlreiche Unterstützer gewonnen werden. Für den Zulassungsantrag war es gelungen, an nur einem Tag über 50.000 Unterschriften zu sammeln – mehr als doppelt so viele wie nötig. Das erfolgreiche Volksbegehren in Österreich zeigt zudem die Aktualität des Themas und den Wunsch der Bevölkerung, über CETA mitzuentscheiden.
“Der Protest gegen CETA wird unabhängig von den heutigen Entscheidungen in Bayern und Straßburg weitergehen. Wir arbeiten weiter auf allen Ebenen, dass CETA von der Staatsregierung im Bundesrat nicht ratifiziert wird, denn für den Umwelt- und Verbraucherschutz wie für die bayerische Landwirtschaft hätte CETA gravierende Nachteile", sagt Richard Mergner vom Bund Naturschutz in Bayern.
In zwölf von 16 Bundesländern sind mit den Grünen oder der Linken Parteien an der Regierung beteiligt, die CETA kritisch gegenüberstehen. In Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein sind Volksinitiativen angelaufen, die diese Mehrheit gegen CETA absichern sollen. “Wir stehen in Bayern mit dem Widerstand gegen dieses unfaire Handelsabkommen längst nicht allein auf weiter Flur,” betont Maritta Strasser von Campact, “das beweist das erfolgreiche Volksbegehren in Österreich ebenso wie die zahlreichen anderen europäischen Initiativen gegen CETA.” In den Niederlanden wird derzeit ein Referendum vorbereitet, Belgien will CETA nur unter Auflagen zustimmen, die bisher nicht erfüllt sind und auch in Irland wäre eine Volksabstimmung möglich. Insgesamt müssen 28 nationale Parlamente und 14 Regionalparlamente zustimmen – und die stehen dem Freihandelsabkommen längst nicht alle unkritisch gegenüber. “Wir haben weiterhin gute Chancen, CETA über die nationalen Parlamente zu stoppen. Die heutige Entscheidung ist ein Rückschlag, bedeutet aber keinesfalls das Aus für unseren Protest. Wir werden uns auch in Zukunft für faire Handelsabkommen stark machen” sagt Erna Groll von der Katholischen Arbeitnehmerbewegung.
KAB Aktive des Diözesanverbandes Würzburg hatten im vergangenen Sommer in ganz Unterfranken mit vielen Verbündeten tausende Unterschriften für das Volksbegehren gegen CETA gesammelt. Ihr Einsatz für einen gerechten Welthandel und gegen solche "Freihandelsabkommen" wie CETA geht ebenso weiter wie die Mitgestaltung von Lebens- und Produktionsbedingungen vor Ort. Jahrelange Netzwerkarbeit bewährt sich auch hier.
Juristischer Hintergrund:
Die Initiatoren beriefen sich auf Artikel 70 Abs. 4 Satz 2 der Bayerischen Verfassung, der 2014 per obligatorischem Volksentscheid in die Verfassung aufgenommen worden ist. Demnach kann die Staatsregierung in ihren verfassungsmäßigen Aufgaben durch Volksentscheid und Gesetz gebunden werden, wenn das Recht der Gesetzgebung durch die Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union betroffen ist. Der BayVerfGH folgte in seinem Urteil der Argumentation des Innenministeriums und sah die Voraussetzungen als nicht gegeben an, weil durch CETA keine direkten Hoheitsrechte an die Europäische Union übertragen würden.