Von Respekt bis mehr Zeit: Was gute Pflege in Zukunft braucht
Konkrete Wünsche zur Entlastung von Pflegenden formulierten die Beteiligten an der Veranstaltung „Wie geht gute Pflege in Zukunft?“. Die Katholische Arbeitnehmerbewegung KAB und die Gesundheitsregion plus Aschaffenburg hatten dazu ins Martinushaus eingeladen. 50 Personen waren gekommen und beteiligten sich am intensiven Austausch. Viele Wünsche platzierten pflegende Angehörige, Pflegefachkräfte, Einrichtungsleitungen und Betriebsräte bei Thomas Zöller, der sich als Patienten- und Pflegebeauftragter der Bayerischen Staatsregierung für eine Verbindung von ambulanter und stationärer Pflege stark machte. Er selbst wünschte sich, dass eine grundlegende Pflegereform parteiübergreifend erarbeitet werden solle.
Ramona Pfarr schilderte als pflegende Angehörige, dass sie zunächst „Fragen über Fragen“ hatte, wie die Pflege ihrer Mutter zu organisieren sei, und forderte niederschwelligere Angebote, die nicht nur digital zur Verfügung stehen. Auch ein „Case-Management“, bei dem alle Beteiligten an einen Tisch kommen, hätte vieles erleichtert, berichtete sie. Aus dem Publikum wurde zudem eine Pflegeersatzleistung analog der Elternzeit gefordert, damit Angehörige in die Lage versetzt werden, Pflege zu übernehmen.
Respekt und Verständnis wünschen sich pflegende Angehörige wie Pflegefachkräfte. Letztere wollten nicht auf die „Drecksarbeit“ reduziert werden, wenn sie immer wieder hören: „Ich könnte das nicht.“ Vielmehr sei Pflege „Kern einer gesunden Gesellschaft“ und Pflegekräfte hätten Wissen und Qualifikationen, die wahrgenommen und gefördert werden sollten, stellte die frisch examinierte Pflegefachkraft Karolina Schröder klar.
Dies sollte auch durch einen größeren Entscheidungsspielraum der Pflegefachkräfte zum Ausdruck kommen, stellten die Einrichtungsleitungen Nicole Englert und Martin Wienand heraus. Die kleinteiligen Vorgaben und die ausufernde Dokumentation und Bürokratie verhinderten sinnvolle und ganzheitliche Pflege. Zum Bürokratieabbau vereinbarten Martin Wienand und Thomas Zöller eine gemeinsame Initiative.
Einen Springerpool, damit Pflegekräfte nicht immer wieder aus dem „Frei“ geholt werden müssen, und bessere Integration von ausländischen Pflegekräften wünschte sich Evi Bambei von Seiten der Betriebsräte. Andreas Parr übte grundsätzliche Kritik am Zwang, „mit der Gesundheit von Menschen etwas verdienen zu müssen“ und hob den menschlichen Faktor gegenüber dem wirtschaftlichen Faktor in der Pflege hervor.
Spürbar war bei allen Beteiligten an diesem Abend, dass sie bei allen Herausforderungen gerne pflegen und für eine Pflege brennen, die den ganzen Menschen in den Blick nimmt. Deutlich wurde aber auch, dass sich vieles ändern sollte, damit Pflegende für diese wichtige gesellschaftliche Aufgabe auch in Zukunft in ausreichender Zahl und ohne Schaden für die eigene Gesundheit zur Verfügung stehen.