Zukunft gestalten – nicht nur verwalten
Die besonderen Herausforderungen im Klima- und Umweltschutz werden nur unzureichend in den Blick genommen. Eine klare Ausrichtung der Politik an allen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen für 2030 ist nicht gegeben. Der Verantwortung eines der reichsten und politisch stabilsten Länder der Erde für eine weltweit gute Entwicklung wird der Vertrag aus Sicht der KAB nicht gerecht.
Die KAB setzt sich für Arbeiten und Leben in Würde und Solidarität ein. Aus diesem Blickwinkel sind für die sozial gerechte Entwicklung in Deutschland im Koalitionsprogramm weitere Perspektiven nötig:
In der Rentenversicherung ist es nicht ausreichend, die doppelten Haltelinien zu beschreiben, wenn die Rente „gerecht und zuverlässig“ sein und vor Altersarmut schützen soll. Hier sind Ergänzungen im System notwendig, wie es das Cappuccino-Rentenmodell der Katholischen Verbände beschreibt. Als Zwischenschritte begrüßt die KAB die Grundrente für diejenigen, die Kinder erzogen und in der Angehörigenpflege tätig waren, nach 35 Beitragsjahren in der Grundsicherung mit einem erhöhten Betrag von 10 Prozent abzusichern. Hierbei ist auf eine Bedürftigkeitsprüfung zu verzichten.
Auch die verbesserte Absicherung bei Krankheit während der Erwerbstätigkeit in der Rentenversicherung sind ein Schritt in die richtige Richtung. Dennoch bleibt ein grundlegender Reformbedarf, wie ihn das solidarische Alterssicherungsmodell der katholischen Verbände anmahnt.Bei der Digitalisierung mit den Stichworten Arbeit 4.0 und Industrie 4.0 werden zwar wichtige Punkte und Entwicklungen aufgegriffen, aber die Perspektiven für eine den Arbeitnehmer*innen gerecht werdende Arbeitszeitregelungen, für die soziale Sicherung und eine Neuausrichtung der Mitbestimmung in Richtung einer umfassenden Wirtschaftsdemokratie, wie sie die KAB einfordert, fehlen.
Sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnisse lehnen wir ab. Zudem werden in den getroffenen Regelungen große Teile der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht erfasst, da ca. 90 % aller Beschäftigten in Betrieben mit weniger als zehn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern arbeiten. Hier besteht ein dringender Handlungsbedarf, der in dieser Legislaturperiode zielgerichtet durch eine entsprechende Gesetzgebung angegangen werden muss, die auch Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten erfasst.
Die Armutsfalle „Erwerbsminderung“ wird durch die angestrebte Erhöhung der Zurechnungszeit abgemildert, bleibt aber nach wie vor das größte Risiko. Dieses muss endlich beseitigt werden!
Eine deutliche Verbesserung der Pflegeschlüssel und eine angemessene Bezahlung in der Pflege nach Tarif sind notwendige Voraussetzungen, um eine menschenwürdige Pflege in einer sorgenden Gesellschaft zu verwirklichen. Hier sind vor allem verbindliche Rahmensetzungen erforderlich. Die KAB begrüßt, dass der Koalitionsvertrag verbindlich festhält, dass die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen in der Kranken- und Altenpflege verbessert werden sollen. Hier besteht dringender Handlungsbedarf!
In der Gesundheitspolitik wurden die Weichen leider nicht in Richtung einer Bürgerversicherung gestellt, wie sie die KAB seit dem Jahr 2005 einfordert und in die politische Diskussion einbringt. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Kommission zu einer möglichen Angleichung der Arzthonorare für gesetzlich und privat Versicherte sollte in ihrem Auftrag erweitert werden, konkrete Vorschläge in Richtung „Bürgerversicherung“ zu machen.
Wir fordern die zukünftige Regierung auf, nicht auf halbem Weg stehen zu bleiben, sondern als sogenannte „Große Koalition“ die notwendigen Schritte für eine nachhaltige und gerechte Zukunft mutig anzugehen. Dabei sollten nicht die zukünftigen Wahlergebnisse, sondern die zukünftigen Lebenschancen der Menschen im Mittelpunkt stehen. Das Ziel, eine solidarische und gerechte Gesellschaft zu erreichen, muss das politische Handeln der nächsten Jahre bestimmen.
Beschluss des Bundesausschusses des KAB Deutschlands e.V. am 04.03.2018