KAB zum Einschulungsbogen
Bildungs- und Sozialstudien dokumentieren, dass die schulische Leistungsfähigkeit und die soziale Kompetenz von Jungen und Mädchen in den letzten Jahren sinken. Neu entwickelte Methoden und Reformen sollen der möglichen Tragweite dieser Entwicklung für die Gesellschaft insgesamt schon sehr früh, also im Kindergarten, begegnen.
Aktuell werden alle Eltern von Schulanfängern befragt, ob bei ihrem Kind ein Förderbedarf für körperliche Entwicklung, geistige Fähigkeiten, sprachliche Kompetenz sowie soziale und emotionale Kompetenz besteht oder ob bereits diagnostizierte medizinische Vorgeschichten die Teilnahme an Frühfördermaßnahmen wie z.B. Psychologie, Logopädie, Ergotherapie erforderlich gemacht haben. Die Eltern sollen den bisher noch freiwillig ausgefüllten Bogen bei der Schuleinschreibung vorlegen. Die Datenerhebung hat das Ziel, den Übergang zwischen indertagesstätte/Kindergarten und Schule besser begleiten zu können.
Die Sammlung der abgefragten persönlichen Daten könnte sich jedoch schnell zum Nachteil der Kinder herausstellen. Die Typisierung der Kinder führt nämlich dazu, dass die „Schulanfänger“ bestimmte Anforderungen erfüllen müssen. Damit wird unterstellt, man könne die einzuschulenden Kinder nach klar definierten Begabungsprofilen einordnen. Wer die geforderten Kriterien nicht erfüllt hat in der Regelschule keinen Platz. Die Selektierung der Kinder findet somit nicht mehr erst im Rahmen des Übertritts an weiterführende Schulen statt, sondern wird bereits vor Eintritt in unser Schulsystem vorgenommen.
Kinder mit Entwicklungsverzögerungen werden im Hinblick auf ihre Defizite sehr schnell in Förderschulen eingeordnet Wenn nun diese besonders zu fördernden Kinder aufgrund einer schlechten Verzahnung zur Regelschule nicht in dem Maße gefördert werden wie es notwendig wäre, ist der Weg in die Perspektivlosigkeit und Arbeitslosigkeit vorgeschrieben.
Augenblicklicher Stand ist, dass Kinder/Jugendliche die diesen Schultyp beenden, in der Wirtschaft nicht gefragt sind und kaum eine Chance haben, eine Arbeitsstelle zu finden. Die bloße Korrektur von Defiziten durch besondere Fördermaßnahmen in der pädagogischen Arbeit greift hier zu kurz. Langfristig gesehen könnte die Datenerhebung sogar dazu führen, dass Eltern entweder die Fragen nicht wahrheitsgemäß beantworten, oder was noch viel schlimmer wäre, Frühförderhilfen nicht mehr annehmen, aus Sorge, ihrem Kind könnten sonst Nachteile entstehen.
Darüber hinaus werden alle vorhandenen Informationen in einer persönlichen Schulakte aufbewahrt und begleiten die Kinder als „blinde Passagiere“ über die gesamte Schullaufbahn hinweg, selbst bei häufigem Schulwechsel. Falsche Rückschlüsse auf Defizite oder Vorkommnisse in der Vergangenheit, könnten die Entwicklung eines Kindes durchaus negativ beeinflussen in Form einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung. Das ist weder pädagogisches Dienstleistungsdenken noch eine optimale Förderungsmethode.
Deshalb bewertet die Katholische Arbeitnehmer Bewegung diesen Fragebogen zur Einschulung sehr kritisch. Der datenschutzrechtliche Aspekt wurde bei alledem noch nicht in Betracht gezogen. Das in letzter Zeit verstärkt aufgetretene mangelnde Unrechtsbewusstsein im Umgang mit sensiblen Daten führt in diesem Zusammenhang ebenfalls zu größtem Unbehagen. Die Frage nach Sinn oder Unsinn dieser Datenerhebung ließe sich vermeiden, würden die politischen Verantwortlichen endlich die notwendigen Voraussetzungen schaffen, Kinder entsprechend ihren Begabungen optimal zu fördern. Viele Schüler-, Eltern-, Familien- und Sozial-Verbände fordern seit langem, die Klassenstärken massiv zu verkleinern, endlich mehr Lehrer einzustellen um dem Unterrichtsausfall wirksam zu begegnen, individuelle Anpassung des Lehrstoffes an das Tempo der Kinder einzuführen und Sozialarbeiter an Schulen bereitzustellen, die Kinder aus sozialschwachen Familien begleiten könnten.
Die Einführung eines „kostenlosen letzten Kindergartenjahres“, würde mit Sicherheit mehr zur Förderung der Kinder beitragen, als eine zweifelhafte Datenerhebung, die weder das Problem an der Wurzel packt noch den kindlichen Anforderungen gerecht wird.
Die Katholische Arbeitnehmer Bewegung vertritt die Auffassung, dass diese Gesellschaft es sich nicht leisten kann, einen in der Welt beispiellosen Raubbau an seinem Nachwuchs zu betreiben und bereits bei der Schuleinschreibung Kinder in „Schubladen“ einzuordnen und somit die Verlierer von morgen entstehen zu lassen.
Theresia Erdmann
stellvertr. Diözesanvorsitzende der KAB
Sprecherin der AG Familie Diözese Würzburg
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