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Lohngerechtigkeit und Frauenpolitik

Im Gespräch – Interview mit der neuen KAB-Bundesvorsitzenden Sabine Schiedermair

Würzburg (POW) Mit überwältigender Mehrheit ist die Würzburgerin Sabine Schiedermair zur Bundesvorsitzenden der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Deutschlands gewählt worden. Die 39-jährige KAB-Diözesansekretärin im Kreisverband Main-Spessart und KAB-Diözesanreferentin für Öffentlichkeitsarbeit erhielt beim 14. Bundesverbandstag der KAB am 2 .Oktober in Würzburg 191 Stimmen von insgesamt 198 Delegierten. Erneut in seinem Amt als Bundesvorsitzender bestätigt wurde Georg Hupfauer mit über 60 Prozent der Stimmen. Bei der Wahl zum Bundespräses konnte sich der Trierer Diözesanseelsorger Johannes Stein gegen den ehemaligen Landespräses der KAB Bayern, Franz Schollerer, durchsetzen. In folgendem Interview spricht die neue Bundesvorsitzende Sabine Schiedermair über ihre Schwerpunkte, die künftige Ausrichtung des Verbands und die aktuelle Finanzkrise.

POW: Sie sind zur neuen KAB-Bundesvorsitzende gewählt worden. Was hat Sie bewogen, sich für dieses Amt zu bewerben und jetzt die Wahl anzunehmen?

Sabine Schiedermair: In den elf Jahren meiner hauptberuflichen Arbeit in unserem Verband habe ich die KAB als eine sehr wache und aktive Gemeinschaft erlebt. Sie sammelt interessierte Menschen sehr unterschiedlicher Herkunft. Die KAB stellt die „Zeichen der Zeit“ auf den Prüfstand der christlichen Soziallehre und kommt vom Sehen übers Urteilen zum Handeln – vor Ort und auch bundesweit. Da ist Kirche lebendig, da wird Evangelium Wirklichkeit. Die KAB steht aber auch vor großen Herausforderungen. So ist zum Beispiel die klassische Verbandsstruktur für viele Menschen heute hinderlich. Sie scheuen ein Engagement in diesen vermeintlich starren Strukturen, manchmal gar Mitglied zu werden. In diesem Spagat – Bewährtes zu pflegen und neue Wege zu suchen – ist das neue Amt eine lohnenswerte Aufgabe. Kirche braucht diese Räume demokratischer Meinungsbildung und wacher Aktivität. Die politische, vielseitige, vernetzende Arbeit liegt mir sehr. Von verschiedenen Seiten wurde ich wiederholt angesprochen, mich als Bundesvorsitzende zu bewerben. Gerne stelle ich mich dieser Herausforderung. Vom Wahlergebnis bin ich nachhaltig überwältigt. Der dreiköpfige gleichberechtigte Vorstand in der KAB ist für mich vorbildliche Leitung: Verantwortung teilen, sich gegenseitig stützen, ergänzen, motivieren und korrigieren. Gerne trage ich meinen Teil dazu bei. Meine Erfahrungen aus jahrelanger Mitarbeit in der Mitarbeitervertretung des Bischöflichen Ordinariates Würzburg kommen mir dabei sicher zu Gute.

POW: Welche besonderen Schwerpunkte wollen Sie als KAB-Bundesvorsitzende setzen?

Schiedermair: Mein inhaltlicher Schwerpunkt ist zunächst die Frage der Lohngerechtigkeit. Es gibt Scheren zwischen Männern und Frauen, zwischen Festangestellten und Leiharbeitnehmern sowie zwischen unbefristet und sogenannten „prekär“, also unsicher Beschäftigten. Dazu kommt die Frage des Arbeitsbegriffes. Wie geht unsere Gesellschaft mit all der unbezahlten Arbeit um? In Ehrenamt, Erziehung und Pflege leisten überwiegend Frauen Unbezahlbares. Wer honoriert dies wirklich? Ein dritter Schwerpunkt ist die Frauenpolitik. Da klaffen Gesetzgebung und Realität weit auseinander. Gleichberechtigung, Gleichbehandlung und echte Wahlfreiheit sind hier drei Schlüsselbegriffe. Wichtig ist mir, dass wir Bibel und christliche Soziallehre wieder deutlicher in den Blick rücken: als Quelle und als Orientierung.

POW: Der Leitantrag beim Bundesverbandstag setzt auf Nachhaltigkeit. Warum ist der KAB dieses Thema derzeit so wichtig?

Schiedermair: Sie ist eine der Säulen der christlichen Soziallehre – gemeinsam mit Personalität, Solidarität und Subsidiarität. Damit gehört sie zum christlichen Selbstverständnis all dessen, was mit menschlichem Zusammenleben zu tun hat. „Macht euch die Erde untertan“ ist der Auftrag an uns Menschen. Für mich heißt das: Gestaltet sie mit, setzt Eure Fähigkeiten ein, sorgt füreinander und achtet dabei die Ressourcen gut. In der heutigen Arbeitswelt werden Energie und Güter bedenkenlos verbraucht, dabei müssten die Ressourcen doch mehr denn je geschont werden, Ich sehe das Motto des Leitantrages aber auch im Bezug auf unsere eigene Arbeit. Themen nachhaltig bearbeiten, das heißt dranbleiben, auch wenn es noch so mühsam ist. Und hier kommen uns unsere verlässlichen Strukturen sehr zu Gute. Sie helfen uns, den notwendigen langen Atem zu haben.

POW: Worauf setzen Sie bei der geplanten Neuausrichtung der KAB?

Schiedermair: Als neue Bundesvorsitzende ist mir das Gespräch mit den Aktiven vor Ort besonders wichtig. Oft habe ich erlebt, wie wichtig und hilfreich eine „Korrektur von unten“ ist. Die Menschen spüren, was unter den Nägeln brennt und was auf fruchtbaren Boden fallen kann. Nur im intensiven Austausch kann Schritt für Schritt Bewährtes gepflegt und Neues entwickelt werden. In breiten Diskussionen entstandene Meinungen tragen weit. Zunehmend wichtig sind Kooperationen. Die Gewerkschaften sind uns dabei seit Jahrzehnten verlässliche Partner. Breite Bündnisse wie beispielsweise beim Filmfest „ÜberMut“, das diese Woche hier in Würzburg beginnt, bringen Aktive mit ihrem Spezialwissen zusammen. Diese „bunten Steine“ ergeben ein sehr ansprechendes Gesamtmosaik. Im Bild gesprochen ist es das, worum es in der KAB, aber auch in der Gesellschaft geht.

POW: Wie beurteilen Sie als neue KAB-Bundesvorsitzende die aktuelle Finanzkrise?

Schiedermair: Für mich ist das Grundproblem: Geld erzeugt Geld, kann also vermeintlich „arbeiten“, ohne dass eine Leistung dahinter steht. Doch wir kennen schon aus der Bibel das Zinsverbot und den Tanz ums Goldene Kalb. Jedoch: Es geht um den Menschen und die Frage: In welcher Gesellschaft wollen wir leben? Eine Fixierung auf das Kapital halte ich für extrem einseitig und unmenschlich. Durch die Eigendynamik des Finanzmarktes scheint menschliche Arbeit „weniger wert“, gar überflüssig. Sie lenkt den Blick auch auf die Bewertung von Tätigkeiten: Warum ist die Arbeit einer Altenpflegerin weit schlechter bezahlt als der Handel mit riskanten Wertpapieren? Ich sehe eine weitere Krise: Technische Veränderungen stehen nicht im Dienst der Menschen. Sie entlasten sie nicht, sondern schaffen durch ein „immer schneller, immer mehr“ hohe Belastungen. Aktuelle Fälle von Burnout zeigen nur die Spitze eines Eisberges. Nach der Arbeit bleibt vielen heute kaum noch Kraft für die Familie, geschweige denn fürs Ehrenamt. Wo bleibt da das „Leben in Fülle“, das uns allen verheißen ist?

(4011/1004; E-Mail voraus)

Hinweis für Redaktionen: Foto abrufbar im Internet

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