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KAB und FDK Stellungnahme zu: „Betreuungsgeld“

Was brauchen Familien? – Vereinbarkeit von Familie und Beruf verlangt komplexe Antworten

Gegenwärtig wird das von der CSU angedachte und im Koalitionsvertrag versprochene Betreuungsgeld heftig diskutiert und dabei teilweise in unverantwortlicher Weise Stimmung gemacht, um diesen angeblichen „Unfug“ zu verhindern. Doch so einfach stellt sich die Situation nicht dar.

Eine Studie der Konrad Adenauer Stiftung im Jahre 2008 hat die Lebenssituation von Eltern in den Mittelpunkt einer sozialwissenschaftlichen Untersuchung gestellt mit den zentralen Fragen: Wie geht es Eltern? Was brauchen Eltern?

Dabei stellte man fest, dass enge Bindungen und langfristiger Zusammenhalt, wie sie in den Familien klassischer Weise praktiziert werden, zunehmend weniger in Verhältnisse einer Wirtschaft und Gesellschaft passen, die von Kurzfristigkeit und Flexibilität geprägt sind. Die moderne Arbeitswelt fordert den möglichst uneingeschränkt mobilen und verfügbaren Menschen - idealerweise ohne familiäre Bindung, der sich schnell an veränderte Lebens- und Arbeitsbedingungen anpassen kann. Eltern mit Kindern können diesem Leitbild der Ungebundenheit und Totalverfügbarkeit aber kaum genügen. Sie müssen die Erfahrung machen, dass ein Leben mit Kindern Abhängigkeiten und Verpflichtungen schafft, die ohne Konstanz und Verlässlichkeit nicht zu bewältigen sind. Gleichzeitig sehen sie sich einem existenziellen finanziellen Druck der durch ungesicherte Arbeitsplätze und drohende Arbeitslosigkeit entsteht, ausgesetzt.

Eltern aus nahezu allen Milieus erleben die Schwierigkeit, Familie und Beruf zu vereinbaren, da Unternehmen im selbst entfesselten Wettbewerb der Flexibilität und Mobilität diese Tugenden scheinbar konsequenterweise von ihren MitarbeiterInnen verlangen "müssen". Die Gesellschaft erwartet, dass Eltern viel Zeit mit ihren Kinder verbringen, doch die Arbeitswelt vollzieht einen Totalzugriff auf die Eltern, vor allem auf die Väter. Verlängerte Öffnungszeiten im Handel zum Beispiel bedeuten für viele Mütter wöchentlich neu zu organisierende Arbeitszeiten, die sie mit ihren Kindern und deren Bedürfnissen in Einklang bringen müssen. Das Elterngeld unterstützt Familien wirkungsvoll im ersten Lebensjahr des Kindes. Wie aber die Evaluation zum Elterngeld des Bundesfamilienministeriums (Info 37/2008) gezeigt hat, erweist sich diese Absicherung aus der Perspektive vieler Eltern als zu kurz. Nur eine von drei Frauen äußert die Auffassung, ihre Vorstellungen zur Vereinbarkeit beruflicher und familiärer Aufgaben auch realisieren zu können. Elternschaft wird daher bei allen damit verbundenen positiven Erfahrungen häufig auch als eine einschränkende Lebensbedingung erfahren.

Nahezu alle Eltern kennen die Bedeutung von Bildung und Schule, in der über die sozialen Lebenschancen entschieden wird. Im öffentlichen Bildungssystem werden zunehmend Aufgaben systematisch von Eltern eingefordert. So werden Hausaufgabenkontrolle und schulisches Üben in hohem Maße den Eltern übertragen. Übungen und Nachhilfe zu Hause sind heute selbstverständlich.

Doch wie soll man/frau da berufstätig sein?

Bundesländer, die ein Landeserziehungsgeld und damit eine dem Betreuungsgeld vergleichbare familienpolitische Leistung zahlen, gehören zu den Dauersiegern in den PISA-Tests! Zufall? Oder kann es vielleicht sein, dass die in den Schulen so oft geforderte "Individualisierung" in den ersten Lebensjahren positive Wirkungen zeigt?

Das Bedürfnis der jüngeren Generation nach Familie ist groß - aber auch ihre Erwartung, dass sie individuell entscheidet, ob und in welchem Umfang sie berufstätig ist, ohne dauerhaft in Konflikt zu geraten oder ein schlechtes Gewissen als Eltern zu bekommen. Sie wünschen sich mehr Wertschätzung und Entlastung, um ihre Vorstellung von guter Elternschaft umsetzen zu können. Vor allem Frauen äußern massive Kritik an der Entweder-oder-Entscheidung zwischen Beruf und Kinder. Im Zweifel für den Beruf und gegen die Familie ist eine den Eltern oft aufgezwungene Entscheidung im Erwerbsleben. Eine Mutter, die auch nach dem dritten Lebensjahr des Kindes "NUR" Hausfrau und Mutter sein will, steht unter Rechtfertigungsdruck - 68% der befragten Eltern gaben an, dass die Hauptarbeit der Erziehungsleistung bei den Müttern liegt - ebenso wie Mütter, die versuchen, Familie und Beruf zu vereinbaren.

Die Studie zeigt, dass Eltern Entlastungen unterschiedlichster Art benötigen. Eine gesellschaftliche Debatte über die echten Leistungsträger der Gesellschaft ist längst überfällig und bestimmt nicht nur durch einen einseitigen Ausbau der Kinderbetreuung unter drei Jahren zu lösen. Zu einer echten Wahlfreiheit für das Lebensmodell „Familie“ gehört, dass Familienarbeit gesellschaftlich besser anerkannt und wie Erwerbsarbeit ein selbstverständlicher Teil der Biografie wird, zum Beispiel in Form eines Betreuungsgeldes oder besser noch eines Erziehungsgehalts.

Der brandneue ifb-Familienreport 2009 zeigt, dass mit jeweils leicht unterschiedlichen Modellen Finnland, Norwegen, Dänemark, Schweden, Österreich und Frankreich ein Betreuungsgeld haben. Gerade die nordeuropäischen Länder werden in der Bildungspolitik gerne als Musterländer genannt - aber eines ihrer Instrumente soll in Deutschland negative Auswirkungen auf die Bildung der Kinder haben?

Perfide ist es deshalb, im politischen Kampf gegen das Betreuungsgeld das Image der Familien nachhaltig zu beschädigen, indem man dumpfe Vorurteile bedient.

Wer anfängt, Eltern aus der Unterschicht die Fähigkeit, ihre Kinder zu erziehen, abzusprechen, stellt bald auch das Kindergeld infrage und investiert schließlich nur noch in staatliche Infrastruktur. Dann aber ist es mit der Wahlfreiheit der Eltern nicht mehr weit her.

Theresia Erdmann
Stellvertr. Diözesanvorsitzende der KAB Diözese Würzburg e.V.
Diözesan-Sprecherin AG Familie

Inge Eberlein
Stellvertr. Diözesanvorsitzende der KAB Diözese Würzburg e.V.
Diözesan-Verantwortliche AK Frauen

Michael Kroschewski
Diözesanvorsitzender Familienbund der Katholiken Würzburg

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