Der Ruf nach einem „verständlichen Bildungssystem“
Das Gespräch mit dem FDK-Vorsitzenden Michael Kroschewski und Mitgliedern der Sachausschüsse „Schule“,
„Familienpolitik“ und „Familie und Behinderung“ eröffnete allen Teilnehmern ein Fenster zur Arbeit des Anderen.
„Wir haben das Gefühl, dass die Wahlfreiheit der Familie nicht mehr gewünscht ist, sondern vielmehr ein Diktat besteht, möglichst schnell wieder zu arbeiten“, sagte Kroschewski. Für Tolle ist dieser Punkt kein ausschließlich politischer. „Das gesellschaftlich vorherrschende Arbeitsbild und die Rahmenbedingungen zwingen Menschen dazu, wieder zu arbeiten.
Rücksicht auf Kinder ist in diesem Denken nicht vorhanden“, erklärte sie und nannte als Beispiel die niedrige Anerkennung der Erziehungszeiten bei der Rente oder die Diskussion um gerechtere Löhne. „Das sind die Rahmenbedingungen, die nicht stimmen, die aber die Politik nicht in der Hand hat“, sagte sie. Dietmar Schwab, der stellvertretende FDK-Vorsitzende glaubt, dass momentan für die Politik die Erziehung außerhalb der Familie Priorität habe. „Da werden Milliarden in Stein und Beton gegossen, aber es geht ein Aufschrei durchs Land, wenn das Kindergeld angehoben werden soll.“ Auch die mangelnde Sicherheit am Arbeitsmarkt hindere viele junge Leute, Familien zu gründen, gab Theresia Erdmann, stellvertretende Diözesanvorsitzende der KAB, zu bedenken. Damit rannte sie bei Tolle offene Türen ein. Die Grünen-Abgeordnete brachte als Beispiel das neue Unterhaltsrecht, das Frauen zu Sozialhilfeempfängern degradiere. „Politik reagiert mit den Prioritäten, die sie aktuell setzt, auf die Nachfrage, die die Gesellschaft braucht“, sagte sie. Momentan könne sich Familie Kinder bald nicht mehr leisten, wandte Christiane Kerner
(Sachausschuss „Schule“) ein. Meist müssen beide Elternteile arbeiten, um die Familie zu finanzieren. „Uns fehlt das Leitbild von Familie und Kinderfreundlichkeit“, machte Kroschewski deutlich. „Bei uns ist der schnelle, flexible, einsatzfähige und wirtschaftsverwertbare Mensch gefragt.“ Dem stimmte Tolle zu – mit Bedauern: „Wir dienen der Wirtschaft.“ Einigkeit herrschte, dass Gesellschaft und Politik Entschleunigung bräuchten: „Politik muss wieder mehr
Bodenhaftung bekommen und den Blick für die wirklich wichtigen Dinge des Lebens“, sagte Tolle. „Wir nehmen uns nicht die Zeit dafür.“ Tolle favorisiert eine gemeinsame Schulzeit von neun Jahren. Danach stehe eine Lehre oder der Besuch der Oberstufe. „Es ist ein Akt der Menschenwürde, jedem Kind eine Chance zu geben, die ihm entspricht“, sagte die Landtagsabgeordnete. „Unser aktuelles Schulsystem bringt den Kindern immer mehr Verachtung entgegen und lässt sie zu Zynikern werden. Für mich bedeutet Lernen etwas anderes als sich die Fakten reinzuziehen und sie bei Bedarf
wieder auszuspucken. Lernen ist ein gemeinsamer Prozess zwischen Schülern, Lehrern und Eltern und muss auch Spaß machen.“ Dazu brauche es aber auch Ruhe in der Bildungspolitik und nicht die Tatsache, dass „täglich eine neue didaktische Sau durchs Dorf getrieben“ werde, wandte Kroschewski ein. „Und die Notwendigkeit, dass das Bildungssystem verständlich wird. In Bayern haben wir ein Heidendurcheinander, und auf die Basis hört keiner, bedauerte Kerner. Dem widersprach Tolle zum Teil: „Schulen haben heute schon große Freiheiten und es gibt viele engagierte Lehrer. Ich kenne Einrichtungen, bei denen klappt das prima, die brauchen nicht ständig das Kultusministerium.“
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