Betriebsräte wichtiger denn je
Würzburg (POW) Zur Teilnahme an den Betriebsratswahlen, die von 1. März bis 31. Mai bundesweit stattfinden, rufen Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) und Betriebsseelsorge im Bistum Würzburg auf. „Die Arbeit muss wieder stärker den Bedürfnissen der Menschen gerecht werden“, sagt Diakon Peter Hartlaub, Diözesanpräses der KAB und Mitglied der Bundeskommission Betriebsseelsorge. Um das zu ermöglichen, brauche es Grenzen der Belastungen, der zeitlichen Verfügbarkeit und Grenzen der Ökonomisierung. „Und dafür braucht es starke Interessenvertretungen der Arbeitnehmer in den Betrieben.“ Im Namen der deutschen Bischöfe unterzeichnete Erzbischof Dr. Robert Zollitsch gemeinsam mit Nikolaus Schneider, dem Ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche in Deutschland, einen Wahlaufruf.
Derzeit gehe es Deutschland relativ gut, den Preis dafür zahlten aber die Beschäftigten, die vielfach in prekären Arbeitsverhältnissen stünden und an die Grenzen der Belastbarkeit gebracht würden, erklärt Klaus Köhler, Sozialberater in der Betriebsseelsorge und KAB-Sekretär. Nicht von ungefähr sei die Zahl psychischer Erkrankungen in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Das insgesamt rauere Klima schlage sich auch in einer anderen Statistik nieder. „Die Zahl der neuen Betriebe mit Betriebsrat sinkt.“ Firmen im Bereich der Dotcom- und Ökounternehmen versuchten nach Möglichkeit auf ein derartiges Gremium zu verzichten. „Hinzu kommt, dass viele Traditionsunternehmen wie Schlecker oder Quelle zerschlagen wurden – und mit ihnen der jeweilige Betriebsrat.“
Bei vielen Unternehmen setzt die Geschäftsführung laut Hartlaub darauf, das Neugründen von Betriebsräten möglichst schwer zu machen. „Eine gängige Masche ist es zum Beispiel bei großen Einzelhandelsketten wie Kaufhäusern, viele auf dem Blatt selbständige einzelne Unternehmen als Shops im Shop einzurichten. Die einzelnen Abteilungen müssen dann jeweils einen eigenen Betriebsrat gründen“, erläutert Hartlaub.
Köhler und Kollegen bieten für Betriebsräte und solche, die es werden wollen, Seminare zum Arbeitsrecht an, um die Arbeitnehmer über ihre Rechte zu informieren. Das sei wichtig, da Arbeitgeber mitunter wider besseres Wissen die gesetzlich verankerte Mitbestimmung und deren erforderliche Unterstützung erschwerten bis verweigerten. „Außerdem gibt es Workshops zu Themen wie Gesprächsführung und Konfliktmanagement“, sagt Köhler. Für die ehrenamtlichen Betriebsräte sei diese Form der Unterstützung von großer Bedeutung. „Sie stehen oft zwischen den beiden gegenläufigen Mühlsteinen Geschäftsführung und Arbeitnehmern.“
Das weiß Ilona Breitenbach, Mitglied des Gesamtbetriebsrats der Galeria-Kaufhof-Gastronomietochter Dinea, aus eigener Erfahrung: „Mitunter muss man als Betriebsrat Entscheidungen treffen, ohne dass einem die vollständigen Informationen zur Verfügung stehen, die die Geschäftsführung hat. Dann muss man Verantwortung übernehmen und diesen Druck aushalten.“ Betriebsratsmitglieder haben nach Hartlaubs Erfahrung außer der Betriebsseelsorge nur wenige Ansprechpartner: „Dem Chef kann und möchte man nicht Angriffsfläche bieten, und die Gewerkschaften helfen, wollen dann aber auch neue Mitglieder sehen.“
Vielfach machten Arbeitgeber ihren Betriebsräten das Leben schwer. Dinge, die laut Gesetz selbstverständlich sind, würden nicht genehmigt. „Das kann die Anschaffung einer Ausgabe des Arbeitsgesetzbuchs sein oder eine Fortbildung. Und wenn der Betriebsrat dagegen prozessiert, erteilt mancher Arbeitgeber dann Hausverbot“, schildert Hartlaub Erfahrungen, die auch in Unterfranken keineswegs selten seien. „Umso wichtiger ist es, dass wir den Betriebsräten Gelegenheit bieten, sich auszusprechen und sich zu stärken.“ Diese „Seelsorge an den Seelsorgern“, wie Hartlaub es nennt, sei von großer Wichtigkeit. Dem pflichtet auch Betriebsrätin Breitenbach bei: „Manchmal fragt man sich ja selbstkritisch, ob man mit seiner Ansicht gegenüber dem Arbeitgeber richtig liegt. Gerade dann braucht man jemanden, der einem den Rücken stärkt.“
Von allen Teilnehmern als äußerst hilfreich würden auch die regional ausgerichteten Betriebs- und Personalrätekreise empfunden, die KAB und Betriebsseelsorge anbieten, berichtet Hartlaub. „In Schweinfurt zum Beispiel haben Betriebsräte der großen Metallbetriebe fassungslos geschaut, als Kolleginnen aus kommunalen Kindergärten davon berichteten, dass sie nicht einmal einen Schrank, geschweige denn ein Büro für ihre Tätigkeit haben.“ Diese Erkenntnisse schüfen zusätzliche Solidarität untereinander.
mh (POW)
(1014/0215; E-Mail voraus)
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